Der individuelle Golfschläger: führen alle Wege zum Ziel?
Fitting 2.0: Standard war gestern
Dass angepasste Golfschläger den Spieler unterstützen können, ist mittlerweile bekannt. Hat ja auch lange genug gedauert. Die Branche hat sich Jahrzehnte dagegen gewehrt, da die Anpassung, vor allem früher logistisch recht aufwändig war und demzufolge nur guten oder nachfragenden Kunden vorbehalten blieb.
Dabei ist es doch eigentlich logisch: warum soll bei einer der koordinativ schwierigsten Bewegungen im Sport das Equipment nebensächlich sein? Zumal mit dem Golfschläger ein im Verhältnis winziger Golfball bei maximalen Tempo im richtigen Winkel getroffen werden muss.
Fitting, also die Anpassung der Golfschläger an den Spieler, wird aber auch als Werbeargument missbraucht. Also nicht wundern, wenn zufällig genau der passende Golfschläger für Sie auf Lager ist.
Klartext: lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen.
Für 80% der Golfer ist eine angepasste Golfausrüstung spielfördernd, die Wahrscheinlichkeit, dass genau Ihre auf Maß vorgefertigt parat liegt, ist mehr als unwahrscheinlich. Hinterfragen Sie deshalb die Kompetenz des Beraters und informieren Sie sich über die Fittingarten, zum Beispiel in diesem Artikel:
Welche Fitting-Methoden gibt es?
Das statische Fitting: einfach für den Verkauf, schwer für den Spieler
Im einfachsten Fall wird die Körpergröße als einziges Maß genommen, vergleichbar mit einem Schuhgeschäft, dass die Größen „normal“, „etwas größer“ und „etwas kleiner“ anbietet. Die Limitierung dieses Systems dürfte nachvollziehbar sein.
Nächste Stufe ist der Handgelenk-Boden-Abstand oder der Abstand Fingerspitzen-Boden (der Verkäufer addiert dann die Handlänge separat). Hier wäre der Schuhkauf (als Beispiel) schon besser, vergleichbar mit den Größen S, M, L und XL, jeweils für Damen und Herren. Je nach Abweichung von der Norm ist diese Methode jedoch für alle großen, kleinen, langarmigen, kurzarmigen, langbeinigen und kurzbeinigen Personen unzureichend, was sich in zahlreichen Problemen beim Golfschwung bemerkbar macht. Bei dieser Art zu messen ergeben sich für große Spieler Überlängen, für kleine Unterlängen und für Golfer mit Normalmaß eben Standardlängen. Werden dagegen die tatsächlichen Proportionen berücksichtigt, so kann ein 182 cm großer Golfer beispielsweise plus 1 inch benötigen, aber auch 2 inch minus o.ä. (jeweils vom Standard). Doch dazu später mehr beim biometrischen Fitting.
Das dynamische Fitting: hier entscheidet Ihr Schwung
Die am weitesten verbreitete Methode, vor allem für bessere Golfer, ist das dynamische Fitting, auch Schwung-Fitting genannt. Im Fokus steht hier – wie der Name schon andeutet – der Golfschwung. Was zunächst logisch klingt, hat aber auch seine Tücken, denn im schlechtesten Fall wird der Golfschläger an eine suboptimale Bewegung angepasst. Für den Anfänger und Mid-Handicaper völlig illusorisch, so eine zukunftstaugliche Entscheidung zu treffen.
Das Trügerische dabei ist, dass sich die falsche Bewegung mit den daran angepassten Golfschlägern zunächst gut und besser anfühlt. Aber ist beispielsweise eine Slicebewegung im Schwung enthalten, was durch zu lange Schäfte ausgelöst sein kann, wird diese ungünstige Bewegung noch unterstützt und der Spieler hat dann meist einen langen Leidensweg vor sich, bis nach Jahren doch wieder korrigiert wird.
Insgesamt ist das Schwungfitting deutlich besser als das statische Fitting, doch müssen auch die Tücken berücksichtigt werden. Gefittet wird immer die Momentaufnahme des einen Tages. Kein Amateur wird – wie die Pro-Golfer – regelmässig zum Fitten gehen und die Golfschläger bei jeder Schwungveränderung neu anpassen.
Das biometrische Fitting: der Maßanzug fürs Golfspiel
Hier wird der Spieler (sprich dessen Körpermaße/-proportionen und die Beweglichkeit) gefittet, der Schwung ist Nebensache. Insofern kann hier auch ein „Nichtgolfer“ die passenden Golfschläger erhalten. Das korrekte Setup wird unterstützt und macht der Spieler nicht alles falsch, ist der Treffmoment so, wie er sein soll: satt und kraftvoll.
Mit zum biometrischen Fitting gehört die Beachtung des individuellen Bewegungsmusters, also ist ein Spieler eher rhythmisch oder kraftvoll oder auch beides etc. Ebenso werden körperliche Beschwerden berücksichtigt und nicht akzeptable Schwungfehler korrigiert. Kein Schwung muss wie der andere sein, das gibt es auch nicht im Profigolf, aber ein guter Fitter unterscheidet zwischen individueller Gestaltungsfreiheit der Bewegung und ganz klaren Fehlern, die der Pysik und Bewegungslehre widersprechen.
Wie läuft ein biometrisches Fitting ab?
Das Fitting ist dreigeteilt:
- Vermessung der Person
- Schwunganalyse (IST/SOLL-Vergleich)
- Probespiel und ggf. Schwungkorrektur
Beim Vermessen werden alle relevanten Körper- und Gliedmaße genommen, dies sind Körpergröße, Rumpflänge und Handgelenk-Boden-Abstand. Die notwendige Rumpfneigung wird im Video bei der Schwunganalyse ermittelt, kann aber auch mit einem Wert von 32° angenommen werden, da dies die Rumpfneigung ist, die für die allermeisten Golfer im idealen Bereich liegt. Aufrechter empfiehlt sich nur bei massiven Rückenbeschwerden, vor allem im Lendenbereich. Von tiefer ist meist abzuraten, aber letztlich entscheidet der Spieler, in welcher Stellung er ohne Golfschläger die beste Balance spürt.
Bei der nachfolgenden Schwunganalyse muss niemand etwas beweisen, so können auch Anfänger diesen Schritt durchlaufen, da es vor allem um das Bewegungsmuster geht. Jeder Mensch hat seine eigene Art zu gehen, zu laufen, zu stehen – so auch beim Golf.
Anhand der biometrischen Daten können Schaftlänge und Winkel der Golfschläger berechnet werden. Die Bewegungsanalyse bestimmt dann die möglichen Schaftarten, Schaftflexe und auch die Schlägerkopfmodelle.
So folgt der dritte Schritt: das Probespiel. Mit dem passenden Golfschläger und in einer ausbalancierten Körperhaltung.
Was wird bei einem Golfschläger alles gefittet?
Im Wesentlichen sind dies:
- Schaftmaterial – von Stahl über Graphite bis Bambus ist alles erhältlich
- Schaftflex – also die Biegsamkeit des Schaftes
- Griffstärke und Material
- Schlägerkopfmodell – von fehlertolerant bis super-sportlich
- Loft – also die Schlagflächenneigung
- Lie – also die Schaftebene bei waagrechtem Schlägerkopf
- das Kopfgewicht des Golfschlägers
- Umfang der Golfausrüstung – selten ist die volle Zahl von 14 Schlägern sinnvoll
Im Idealfall werden alle 8 Punkte berücksichtigt. Dabei gilt: die Anpassung an den Spieler ist wichtiger als die Marke der Golfschläger oder des Schaftes etc. Im Premiumbereich sind die Hersteller ziemlich alle auf dem gleichen Niveau und bei den Discountern ist die korrekte Anpassung ohnehin nicht möglich.
Was noch zu beachten ist: das biometrische Fitting stellt die Person in den Vordergrund. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Schäfte bis 10 cm kürzer als Standard und ebenso 10 cm länger gar keine Seltenheit sind. Das Fitting der allermeisten Topmarken für Amateure endet jedoch bei plus/minus 2,5 cm. Man muss also schon genau suchen um einen Clubfitter/-maker zu finden, der auch tatsächlich die erforderlichen Golfschläger fertigen kann. Spezialisiert auf diesen Gebiet sind die Marken Prowinn, x-mike und Bagger Vance.
Fazit
Eine freie, kraftvolle und zugleich rhythmische Bewegung ist nur möglich, wenn alle Winkel und Längen von Körper und Golfschläger zueinander passen. Der häufige Tipp, erstmal den Schwung lernen, dann das Equipment aussuchen, ist ein großer Stolperstein. Wie sollen Sie mit einem drückenden Schuh jemals für einen Marathon trainieren können? Warum sollte ein nicht passender Golfschläger Ihr Spiel fördern können? Eben.
Noch Fragen? Wir stehen gerne zu Ihrer Verfügung:
Tel. 08641-5929350
Lohnt sich die Anpassung der Golfschläger und wenn ja, wann?
Die Anpassung der Golfschläger (Clubfitting) kann das Handicap sehr positiv, aber auch sehr negativ beeinflussen. Zahllose Golfer buchen Unmengen an Pro-Stunden, erwerben mehr oder weniger sinnvolles Trainingsequipment, in der Hoffnung auf ein konstanteres, weiteres und insgesamt besseres Golfspiel. Die Mehrzahl dieser Golfer wurde allerdings noch nie exakt vermessen, die entsprechenden Golfschläger wurden nie individuell angepasst.
Die Wichtigkeit dieser Anpassung ist in vielen Untersuchungen belegt und wird wohl von keinem Golflehrer in Frage gestellt. Lediglich über den Zeitpunkt der Anpassung (Anfänger, Fortgeschrittener oder Pro) wird diskutiert. Unsere Meinung: welche Vorteile sollte ein Anfänger haben, wenn die Golfschläger nicht zu ihm passen? Gerade der Anfänger hat den größten Nutzen aus einem individuellen Clubfitting, da er von Anfang an korrekt steht und freier schwingen kann.